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Zurück aus Japan möchte ich euch von meinen Einkaufserfahrungen erzählen. Wo kaufe ich Bio-Lebensmittel in Japan ein und wie erkenne ich sie? Wie habe ich mich in Supermärkten zurecht gefunden? Außerdem habe ich während meines Kochkurses mit Chikayo über den Stellenwert von nachhaltig hergestellten Lebensmitteln in Japan gesprochen.

Wahnsinn! Noch vor einem Monat bin ich vor Nervosität und Aufregung wegen meiner bevorstehenden Reise nach Japan fast geplatzt. Das Reiseplan-Fieber hatte mich gepackt. Jetzt, wo ich hier bin und die Reise fast vorbei ist, kann ich darüber nur noch kopfschüttelnd lachen. Was hab´ ich mir bloß für einen Kopf gemacht?

Aber so ist es doch immer. Wer kann schon wissen was einen am anderen Ende der Welt erwartet?

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Nachher ist man immer schlauer! Ich hatte eine tolle Reise mit vielen bereichernden kulinarischen Begegnungen und Überraschungen. Japan ist ein großartiges Reiseland mit freundlichen, hilfsbereiten und sanften Menschen, großartigem Essen, einer schrägen und kontrastreichen Kultur, bezaubernden wie gigantischen Städten und atemberaubender Natur. Japan ist ein sehr entspanntes Reiseland, gerade als alleinreisende Frau.

Wenn ihr darüber mehr wissen wollt, schaut doch mal in meinem Blog vorbei. Hier habe ich meine Reiseerlebnisse in Form von Briefen an meine Lieblingsmenschen dokumentiert.

Heute möchte ich euch erzählen, welchen Eindruck ich mir zum Thema Bio-Lebensmittel in Japan machen konnte. Wie sieht dort der Markt für Bio-Produkte aus? Das hat mich besonders nach meinen ersten Supermarktbesuchen interessiert.

Das erste Mal im japanischen Supermarkt
Zuallererst sei gesagt: Als Reisender nimmt man ein Land anders wahr. Ich spreche kein Japanisch und kann nicht lesen was auf den Verpackungen steht. Ich mache keine Wocheneinkäufe und koche nicht. Außerdem treibe ich mich selten in Wohngebieten und fast nur in größeren Städten herum.
So hatte ich auf den ersten Blick den Eindruck, es würde nur Konbinis (kleine Convenience Shops) oder Depachikas (Feinkostläden in großen Einkaufshäusern) geben. Die gibt es tatsächlich an jeder Ecke, aber selbstverständlich gibt es auch Supermärkte, Wochen- und Bauernmärkte.

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Im Supermarkt angekommen, stehe ich aber vor der nächsten Herausforderung: Was ist das alles? Manche Produkte kann ich identifizieren oder mir denken was es sein könnte, die Mehrheit der Lebensmittel stellt mich aber vor ein großes Fragezeichen.

Ein Supermarktbesuch in Japan ist jedes Mal ein kleines Abenteuer.

Die nächste Frage: Wie erkenne ich, ob ein Produkt biozertifiziert ist? Meine Versuche die Supermarkt-Mitarbeiter zu fragen, scheiterten alle. Dafür sprechen die meisten Japaner leider zu wenig Englisch. Oder ich zu wenig Japanisch.

organicNach meinen ersten verfehlten Anläufen habe ich dann mal ein bisschen im Netz nach der japanischen Bio-Deklaration recherchiert und die Homepage des MAFF (Ministry of Agriculture, Forestry and Fisheries gefunden. Dieses Logo sollte also bei der Identifizierung biologisch hergestellter Lebensmittel aus Japan helfen. In den großen Supermärkten gibt es dafür spezielle kleine Bio-Abteilungen, so wie das auch in Deutschland der Fall ist.

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Bauernmärkte und Bio-Supermärkte in Tokio
An meinem ersten Wochenende in Tokio bin ich Aoyama Bauernmarkt vor der Universität der Vereinten Nationen gegangen – das stand ganz oben auf meiner Liste. Erinnert ihr euch?

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Jeden Samstag und Sonntag kann man hier saisonales Gemüse und Obst, eingelegte Pickles, selbstgemachte Marmeladen, Honig, Tee, Kaffee, Sirup, Gewürze und Kräuter direkt von den Erzeugern kaufen. Hier findet man viele biozertifizierte Produkte, man muss nur Ausschau nach dem Label halten.

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Und da man meistens mit dem Erzeuger selbst ins Gespräch kommt, kann man auch noch mal versuchen nachzufragen. Die alte Dame, die mir einen Beutel voll Yuzus verkauft hat, erwähnte es z.B. gleich dazu. Englisch sprach sie zwar nicht, aber das Wort „organic“ war auch ihr ein Begriff.
Weil ich aber auch selbst in der Lage sein wollte, nachzufragen, habe ich meine japanische Freundin Minami nach einer Übersetzung gefragt. „Ist das bio?“ heißt auf japanisch „Kore wa, mu kachou desu ka?“. Damit kommt man auf jeden Fall weiter.

Tokio ist nicht Japan, so wie Berlin nicht Deutschland ist. Die Auswahl an Supermärkten, die ein großes Bio-Angebot haben, ist hier wesentlich größer als in kleineren Orten Japans.
Natural House ist die größte Kette Tokios, in der es eine große Auswahl an Bio-Produkten gibt. „Natural“ heißt aber nicht gleich bio – man sollte also auch hier immer auf die Deklaration achten. Auch F&F oder Yuuki no Sato haben mehrere Filialen innerhalb Tokios.
Da in Japan Lebensmittel generell teurer sind als in Deutschland, sind Bio-Lebensmittel noch mal deutlich teurer. Die Qualitätsstandards sind extrem hoch. Vor allem bei Obst sind japanische Verbraucher sehr anspruchsvoll, daher ist sehr teuer.

Angebot und Nachfrage an Bio-Lebensmitteln in Japan
Nun hat mich aber auch interessiert, wie der Markt der japanischen Lebensmittelindustrie aussieht und ob der Ernährungstrend der Japaner in Richtung Bio geht.

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Da fragt man am Besten die Einheimischen selbst, dachte ich mir. Bei meinem kitchhike Kochkurs in Tokio habe ich Chikayo danach gefragt.

Sie hat mir erklärt, dass Nahrungsmittel-Selbstversorgung in Japan nur bei 39% (Stand 2016) liegt.

Nach dem zweiten Weltkrieg waren viele Städte Japans zerstört und nach dem Wiederaufbau sehnten sich die Menschen nach amerikanischen Luxusgütern wie Autos, Fernsehern oder Kühlschränken. Die japanische Regierung entschied diese Güter selbst zu produzieren, in die USA zu exportieren um damit die japanische Wirtschaft anzukurbeln. Die Landwirtschaft wurde von dieser Entscheidung allerdings ausgeschlossen, außerdem wurden im Gegenzug zu den Exporten, Soja und Weizen aus den USA importiert. Das führte dazu, dass es immer weniger Bauern gab. Vor allem die kleinen Familienbetriebe starben aus, anstelle dessen wurde die Landwirtschaft hochtechnisiert, um deren Erzeugung zu steigern, wurden immer mehr Pestizide eingesetzt.

Erst vor 30 Jahren begann eine Rückbesinnung zur Wertschätzung der Natur und deren Auswirkung auf ein gesundes, glückliches Leben, sagt Chikayo traurig. Das Leben und die Verbundenheit mit der Natur war einst tief in der japanischen Kultur verankert. Chikayo liegt es sehr am Herzen, dass diese Traditionen bewahrt werden, und das sich die Menschen wieder auf die traditionelle saisonale und regionale japanische Ernährungsweise (washoku) rückbesinnen.

Viele landwirtschaftliche Erzeugnisse werden allerdings noch bis heute aus den USA, China und Australien importiert. Der Grund ist, dass nur rund 15% von Japans Landfläche kultivierbar ist. Die Landschaft besteht zum Großteil aus Bergmassiven was dazu führt, dass die Grundstückspreise wegen Platzmangel sehr hoch sind und besonders als Bauland benötigt werden.

Japan ist kulinarisch gesehen absolute Weltklasse und Japaner sind große Feinschmecker. Verglichen zu Europa und den USA kann man in Japan aber noch nicht von einer Bio-Revolution sprechen.

Meine Freundin Minami erklärte mir auf meine Frage, warum sich dieser Trend noch nicht in Japan durchgesetzt habe, dass die japanischen Konsumenten im Durchschnitt nicht so viel Wert auf biozertifizierte Produkte legen, sondern viel mehr auf Qualität, Regionalität (Obst und Gemüse z.B. am besten nicht aus China importiert) und Preis. Diese Produkte werden zum Teil ohne Pestizide produziert, dafür gibt es auch spezielle Deklarationen. Die Umstellung von konventioneller Produktion auf Bio-Produktion dauert in Japan drei Jahre und ist mit hohen Kosten verbunden. Davor schrecken viele Bauern zurück, gerade weil der der Endkunde noch zu wenig sensibilisiert ist, was am Ende aber auch wieder an den sehr hohen Preisen für Bioprodukte liegt.

In der Bio-Matcha Produktion zeichnet sich laut Miami seit letztem Jahr allerdings ein Trend in Richtung Bio ab, der durch die Nachfrage aus dem Ausland (speziell Europa) hervorgerufen wurde. Viele Teebauern überlegen nun auf den biologischen Anbau des Tees umzusatteln.

Auch durch das Internet sind die Menschen heutzutage immer aufgeklärter und die steigende Zahl der Japaner, die sich bewusst mit dem Thema gesunde und nachhaltige Ernährung auseinandersetzen, wird auch dadurch beeinflusst. Viele ernährungsbewusste Japaner bestellen Bio-Lebensmittel im Internet in Bio-Onlineshops, oder auch direkt in Onlineshops von Bio-Bauern.

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washoku – Japans traditionelle Küche

Während meines Kochkurses bei Chikayo, habe ich einen Einblick in washoku, die traditionelle japanische Küche bekommen. Die Saisonalität der Lebensmittel, der Respektvolle Umgang mit der Natur und die Zubereitung der Lebensmittel in einer Art und Weise, die ihren natürlichen Geschmack besonders unterstreichen ohne ihn zu überdecken, hat in der traditionellen japanischen Küche einen großen Stellenwert.

Mit diesem Ansatz stimme ich ganz und gar überein und wenn man so darüber nachdenkt, basieren eigentlich alle Esskulturen dieser Welt auf diesem Prinzip. Der Fortschritt ließ die Menschen allerdings vergessen, dabei an die Natur zu denken und sie miteinzubeziehen. Die Rückbesinnung und die Überlegung einen Gang herunterzuschalten, dafür aber genussvolles, bewusstes und regionales Essen wieder neu zu entdecken und dabei die Natur und ihre Ressourcen zu schonen, ganz im Sinne der Slow Food Bewegung, ist für mich ein wichtiger, hoffnungsvoller Schritt in unsere Zukunft.

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Das heutige Rezept für mein Gericht habe ich von Emi, bei der ich in Kyoto einen Kochkurs gemacht habe. Bei ihr habe ich shojin ryori, die buddhistische vegetarische bzw. vegane Küche kennengelernt.

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Neben selbstgemachtem Sesamtofu und anderen Tofu-Gerichten wie z.B. mit Tofuhaut (Kyoto ist wegen seines reinen Wassers für seinen besonders guten Tofu bekannt und das Zentrum für Tofu in Japan), habe ich mich in das Sesamdressing verliebt, dass wir zu warmen grünen Spargel mit Yuzu gegessen haben. Es ist ganz easy zu machen und schmeckt in vielen Kombinationen wunderbar.

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Sesam Dressing (für 1 Portion Salat)
3 TL Sesam
2–3 TL helle Soyasauce
1 TL Rohrzucker
1 TL Sesamöl
1– 2 TL Reisessig (nach Geschmack)

  • Sesam in einer Pfanne ohne Öl gleichmäßig goldbraun anrösten, dabei aufpassen dass nichts anbrennt. Anschließend im Mörser zu einem feinen Pulver mörsern.
  • Sesampulver mit dem Rest der Zutaten in einer kleinen Schüssel vermengen.

Das Dressing passt zu den verschiedensten Salaten, wie z.B. zu noch warmen gedünstetem grünen Spargel mit Mango-Spalten. Auf meinem Foto sieht man ihn mit Yuzu, einer japanischen Zitrusfrucht, die es in Deutschland nur selten zu kaufen gibt. Man kann das Dressing aber auch wunderbar mit saisonalen Blattsalaten nach eigenem Gusto kombinieren.

Itadakimasu! Guten Appetit!

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